Poesie & Texte
...aus eigener Feder.
Gedankens Sprungs
Ein Gedanke dachte sich ganz unbedarft: Ich springe jetzt!
Ohne Rücksicht auf den Bruder
tat er dies ganz ungehetzt.
Sprang nach gestern,
heute gar nicht, übermorgen himmelblau.
hüpft von frühlingshaftem Mondlicht zu: Ich weiß das ganz genau!
Bruder schimpft:
„Wo ist dein Sinn
für Ordnung und für Klarheit?“ Gedanke sammelt sich und ruft: „Im Sprunge liegt die Wahrheit!“
Entdeckung
Neu und immer neu,
Bestand ist nicht von Dauer.
Malt der Sinn geschlossene Kreise,
ist das Wesen doch beständig fortwährend spiralend, dauernd, ohne Endlichkeit, erkennbar nur am entschwindenden Nabel horizontnah oder gar lösend sich darin.
Fromm spricht die Zeit von gestern und heute, der Mensch in der Mitte,
seiend, befindend, entdeckend – Innenblick?
Bewegend nach dem Maß seines Geistes und der Brache des Herzens. Alt und weiter alt scheint kläglich inwendige Tiefe,
die berührt den Saum der Speise,
welche stärkt und wachsen lässt das Ich.
Neu und niemals alt stellt sich der Mensch bedenkend, suchend, hingegeben – Außenblick?
Namenlos
Erna, Britta und Gertrude, Bertram, Jürgen, Benjamin, Länder, Städte, Meere, Flüsse, Ding und Dinger tragen ihn. Finden Bilder, setzen Wege, malen Formen, lösen aus.
Rainer Wolfgang trifft auf Roland, pure Wildnis – raues Land. Wird der Mensch zu seinem Namen oder nur durch ihn erkannt?
Doch beginnt man erst zu fragen liegt der Ursprung nackt und bloß. Alles findet sich in einem:
Wann zieht der Mensch sein Namenlos?
Die Kuh Isebuh
Ein Morgens fragte sich die Kuh:
„Mensch Isebuh,
warum hat meine Schwester nur
rundum eine kontinentale Fleckengarnitur?“
Größere und Kleine treiben ihre Abwechslung
mit Hellen und Dunklen
und suchen schlicht
nach Vielfalt im treuen Kuhgesicht.
„Wie abstrakt!“
dachte Isebuh und sinnierte hinüber zur Nachbarkuh.
„Ob sie wohl denkt wie ich
und käut nicht nur wieder
was ich in ihr sehe,
in ihrem Gefieder,
in ihrem Sein,
in ihrem Geiste,
in ihrem Fladen,
der gerade die badende Made begrub?“
Die Andere blickte sie plötzlich an,
starrte zurück,
getrieben vom Glück
ganz Kuh zu sein
schaute sie drein,
schaute im Nu zu Isebuh.
„Ist dein Gras heute auch so grün?
Siehst du der Gänse Blümlein blühn?
Ich liebe die Welt so sehr,
dass ich ihr Grün kaue dreimal mehr
als andere es pflegen zu tun.
Kannst du verstehn, was ich dränge zu sagen?
Für mich ist die Welt ein großer Magen.
Wer einmal gefunden
den Eingang zu diesem Orte
durchschreitet irgendwann einmal die Pforte
und gelangt hiernach durch den Tunnel der Wahrheit
bis er geläutert zur einzigen Klarheit
im Fladen der Schwerkraft dient.
So ist das Leben,
so streicht es vorbei,
als wäre es nur
der großen Schicksalskuh Spielerei.“
Da wusste Isebuh
nichts mehr zu sagen
und stimmte hinzu mit kräftigem „Muh!“.
Verdutzt von solch abstrakter Kraft
schwamm ihr Gedanke nun nicht mehr
nur im eigenen Saft,
sondern jagte dahin und erkannte wie nichtig
die Vorstellung in ihrem Geist,
wie anders, wie wichtig
die Offenheit dreist
die Nachbarkuh zu eigen sich machte.
Doch Neid und Demut sind enge Brüder,
sie entschied sich für Zweiten
und schaute hinüber
und spürte dankbar beim Anblick der Flecken,
wie weit ihre Welt sich jetzt konnte recken.
Von nun an wandte sich Isebuh
den Weidenden ganz anders zu.
Verstehen
Langsam sinkt es dahin, sucht das Sein im Anderen, tropft beständig auf den Fels, der Erinnerung heißt.
Formend nimmt es auf
damit Vergessenheit den Wert verliert. Tut sich selbst nicht satt am Gegenüber, überstrahlt die Leere der Stille
mit Geruhsamkeit der Zeit.
Hofft auf Sinn
Und glaubt dem wahren Innern.
Aufrichtig, achtsam, achtend lebt es heraus.
Einsamkeit
Ich kenne Dich,
kannte Dich,
wusste Dich,
lebten Sich,
wollte Mich,
sollten Uns,
durfte Ich,
trenne Dich,
kennst Du Mich?
Entdeckung
Neu und immer neu,
Bestand ist nicht von Dauer.
Malt der Sinn geschlossene Kreise,
ist das Wesen doch beständig fortwährend
spiralend, dauernd, ohne Endlichkeit,
erkennbar nur am entschwindenden
Nabel horizontnah oder gar lösend sich darin.
Fromm spricht die Zeit von gestern und heute,
der Mensch in der Mitte,
seiend, befindend, entdeckend – Innenblick?
Bewegend nach dem Maß seines Geistes und der Brache des Herzens.
Alt und weiter alt scheint kläglich inwendige Tiefe,
die berührt den Saum der Speise,
welche stärkt und wachsen lässt das Ich.
Neu und niemals alt stellt sich der Mensch bedenkend, suchend, hingegeben – Außenblick?
Erster Schnee
Heute senkte sich sacht
der erste Schnee zur Erde nieder.
Weißes unendliches Mehr
sammelte sich Gefrorenes zur Decke.
Dichter und dichter
webte das Abenddunkel die Flocken
bis auch die letzte kleine Lücke
meines Dachfensters gehüllt war.
Viele werden Eins,
Eins gehört zu Vielen,
Alle hüllen das Glas.
Wundersamer erster Schnee.
Erwachen
Neu ist der Tag,
entsprungen, geboren, hineingelebt.
Kind der Dunkelheit,
Mutter der Nacht.
Mein Sinn hebt öffnend sich heraus
Aus der vergangenen Nebelheit.
Licht gibt Kontur dem Auge,
dass es fasst und sucht zu greifen
nach der Schönheit Bildnis,
nach Gesängen bunter Farben,
nach dem Regelmaß des Ursprungs.
Du liegst hier:
Portrait der Stille.
Zeichnend beglänzt dein Haar
die Wellen der Nacht.
Ein Atemzug strotzt voller Ruhe von Lebendigkeit
und ist erfüllt von deines Daseins inniger Wärme.
Sanft wiegend malen deine Hände
des Schlafes letzte Züge
und zögerlich spricht das Erwachen
zum Wächter deines Blickes:
„Vergehe Nacht und zeuge neu
des Tagmomentes Ehrlichkeit.“